(© Melanie Vogel) In unserem Körper sind wir nicht allein, denn er ist ein faszinierendes Ökosystem, in dem neben 30 Billionen menschlichen Zellen etwa 39 Billionen Mikroben leben. Diese winzigen Lebewesen, bestehend aus Bakterien, Pilzen und Protozoen, besiedeln unseren Darm, unsere Lungen, unseren Mund, unsere Nase und unsere Haut. Zusammen bilden sie unser Mikrobiom, das so einzigartig ist wie unser Fingerabdruck.
Mikrobiom: aktuelle Forschung
Die Erforschung des Mikrobioms hat in den letzten Jahren an Popularität gewonnen, ist jedoch kein neues Phänomen. Bereits im 17. Jahrhundert untersuchte Antonie van Leeuwenhoek, der niederländische Mikrobiologe, mikroskopisch kleine Organismen aus seinem eigenen Mund. Seitdem hat sich das Verständnis über diese winzigen Mitbewohner erheblich erweitert. Einen bedeutenden Schub erhielt die Mikrobiomforschung 2007 mit dem Start des Human Microbiome Project, das die Artenvielfalt und die einzigartigen mikrobiellen Profile in und auf unserem Körper detaillierter untersuchte.
Ein bemerkenswerter Befund: Es gibt kein „normales“ Mikrobiom. Jeder Mensch beherbergt eine einzigartige Zusammensetzung von Mikroben, ähnlich wie ein Fingerabdruck.
Das Mikrobiom in unserem Körper
Das Mikrobiom spielt eine entscheidende Rolle für unsere Gesundheit. Es beeinflusst nicht nur unseren Stoffwechsel und unser Immunsystem, sondern auch unsere psychische Gesundheit. Die Darmbewohner produzieren lebenswichtige Vitamine wie B1, B2, B6, B12 und K und unterstützen unsere Verdauung.
Ein gesundes Mikrobiom kann uns vor verschiedenen Krankheiten schützen. Forschende vermuten sogar, dass ein schlecht zusammengesetztes Mikrobiom für einige Erkrankungen ursächlich sein könnte, darunter Übergewicht, Diabetes, Multiple Sklerose, Parkinson und Depressionen. Zusammengefasst übernimmt das Mikrobiom entscheidende Aufgaben, wie:
- Schutz vor Krankheitserregern
- Unterstützung der Immunabwehr
- Verdauung von Nahrung und
- Synthese von Nährstoffen
Wie wir unser Mikrobiom beeinflussen können
Unsere Ernährung spielt eine entscheidende Rolle bei der Pflege unseres Mikrobioms. Eine ausgewogene und abwechslungsreiche Ernährung, reich an frischen, unverarbeiteten Lebensmitteln, fördert das Wachstum und die Vielfalt der Darmbakterien. Auch der Verzehr von Präbiotika und Probiotika kann das Wachstum nützlicher Bakterien fördern.
Doch diese Balance ist empfindlich. Ungesunde Mikrobiome – ausgelöst durch schlechte Ernährung, Krankheiten, Medikamente oder Umweltfaktoren – können weitreichende gesundheitliche Probleme verursachen. Sie werden mit Krebs, Herz- und Lungenerkrankungen, entzündlichen Darmerkrankungen und sogar neurologischen Problemen in Verbindung gebracht.
Wie beeinflussen Mikrobiome unsere Gesundheit?
Spannend ist die Rolle des Mikrobioms in der sogenannten Darm-Hirn-Achse, einer Kommunikationsautobahn zwischen unserem Gehirn und dem enterischen Nervensystem im Darm. Forschungen legen nahe, dass unsere Mikroben möglicherweise Einfluss auf unsere Stimmung, unser Verhalten und unsere mentale Gesundheit haben könnten.
In der Medizin finden Mikrobiome bereits Anwendung. Ein bemerkenswertes Beispiel sind Stuhltransplantationen, bei denen gesunde Mikrobiota zur Behandlung schwerer bakterieller Infektionen eingesetzt werden. Dennoch stehen wir erst am Anfang, das volle Potenzial des Mikrobioms zu verstehen.
Offene Fragen treiben die Forschung voran:
- Wie entwickeln sich unsere Mikrobiota im Laufe unseres Lebens?
- Wie beeinflussen unterschiedliche Lebensstile und Umwelten unser Mikrobiom?
- Und wie können wir diese Erkenntnisse gezielt nutzen, um Krankheiten zu behandeln oder zu verhindern?
Von Müttern und Mikroben
Aktuelle Studien haben gezeigt, dass Babys den Großteil ihrer Mikroben bei der Geburt und in den ersten Monaten von ihrer Mutter erhalten. Doch es ist mehr als das: Wissenschaftler haben entdeckt, dass auch mikrobielle Gene übertragen werden. Mobile DNA-Elemente springen von den Bakterien der Mutter auf die des Babys und könnten dazu beitragen, ein gesundes Darmmikrobiom und ein starkes Immunsystem zu entwickeln.
Ein weiteres faszinierendes Detail: Mikrobiome sind dynamisch. Eine globale Analyse zeigte, dass Mikroben zwischen Menschen „springen“, insbesondere zwischen Ehepartnern und Mitbewohnern. Dies wirft die Frage auf, ob manche Krankheiten, die traditionell als nicht ansteckend gelten, durch das Mikrobiom indirekt doch eine ansteckende Komponente haben könnten.
Fazit
Die Welt der Mikroben ist eine faszinierende Dimension unseres Körpers, die wir erst beginnen zu verstehen. Sie beeinflusst unsere Gesundheit, unsere Entwicklung und vielleicht sogar unser Verhalten. Mit jedem neuen Forschungsergebnis öffnen sich weitere Türen, die uns helfen, das Zusammenspiel von Mensch und Mikrobiom zu entschlüsseln.
Unser Mikrobiom – ein unsichtbarer Begleiter, der uns stärker prägt, als wir bisher dachten.