(© Melanie Vogel) Wie fühlt sich echte Entspannung eigentlich an? Kannst du das gerade beantworten? Oder ist Ruhe für dich eher ungewohnt – vielleicht sogar unangenehm? Viele von uns leben in einem ständigen Stresszustand, ohne es zu merken. Stress ist zur neuen Normalität geworden, und echte Erholung bleibt auf der Strecke. Vielleicht gehörst du zu den Menschen, die sich selbst kaum noch entspannen lassen – aber keine Sorge: Du bist nicht allein. Und es gibt einen Weg da raus.
Willkommen im Dauerstress
Unsere Kultur hat uns auf Produktivität trainiert. Entspannung? Die „verdienen“ wir uns angeblich erst nach Jahren harter Arbeit. Sogar die Kaffeepause ist heute nur noch eine Methode, um effizienter zu werden. Das Ergebnis: Oft sind wir so sehr im Stressmodus, dass selbst Schlaf nicht mehr wirklich erholsam ist. Zähneknirschen, Albträume oder ein ständiges Gefühl von innerer Unruhe zeigen: Unser Nervensystem steht dauerhaft unter Strom.
Stress und Entspannung – ein biologisches Wechselspiel
Dein Körper verfügt über zwei automatische Programme: das sympathische Nervensystem (SNS), das dich aktiviert und auf Leistung trimmt, und das parasympathische Nervensystem (PNS), das für Regeneration, Verdauung und Heilung zuständig ist.
Beide Systeme sind wichtig. Der Stressmodus hilft dir, morgens aus dem Bett zu kommen, Herausforderungen zu meistern oder auf Gefahren zu reagieren. Das Problem entsteht, wenn das SNS dauerhaft aktiv bleibt – und das PNS nicht mehr „durchkommt“.
Viele Menschen merken gar nicht, dass sie ständig im Aktivierungsmodus sind – weil sie nie gelernt haben, wie sich echte Entspannung anfühlt.
Der erste Schritt: Achtsamkeit
Die gute Nachricht: Du kannst dein Nervensystem wieder in Balance bringen. Es geht nicht darum, Stress komplett zu vermeiden – sondern bewusster mit ihm umzugehen. Frage dich regelmäßig:
- Wie fühlt sich mein Körper an, wenn ich wirklich entspannt bin?
- Welche Situationen triggern bei mir Stress?
- Welche Signale sendet mir mein Körper, wenn ich zur Ruhe komme?
Achtsamkeit hilft dir, genau das herauszufinden. Und mit etwas Übung wird dir auch das Loslassen wieder leichter fallen.
Fünf-Minuten-Übung: „Beine an der Wand“
Eine einfache, aber kraftvolle Methode zur Aktivierung deines Parasympathikus ist die Yoga-Pose Viparita Karani, auf Deutsch: „Beine an der Wand“. So funktioniert’s:
- Position einnehmen: Setze dich seitlich an eine Wand, sodass eine Hüfte die Wand berührt.
- Beine hochlegen: Lege dich auf den Rücken und schwinge dabei deine Beine an der Wand hoch.
- Anpassen: Du musst nicht perfekt liegen – wichtig ist, dass du dich wohlfühlst. Ein bisschen Abstand zur Wand ist völlig in Ordnung.
- Entspannen: Lege deine Arme bequem neben dich, auf den Bauch oder über den Kopf.
- Optional: Nimm ein Kissen unter das Becken, eine Decke über die Beine oder ein Augenkissen. Wärme, Dunkelheit und Ruhe sind kraftvolle Trigger für Entspannung.
Verweile in dieser Position für mindestens fünf Minuten – wenn es dir guttut, auch länger. Spüre, wie dein Körper loslässt. Wenn du fertig bist, rolle dich langsam auf die Seite und nimm dir einen Moment, bevor du wieder aufstehst.
Wichtig: Wenn du schwanger bist oder gesundheitliche Probleme hast, sprich vorher mit deinem Arzt.
Deine Mini-Reha für ein überfordertes Nervensystem
Tiefer Atem. Schwere Beine. Ruhiger Herzschlag. All das sind Zeichen, dass dein Körper beginnt, sich zu regenerieren. Und genau das kannst du trainieren – ganz ohne Technik, Apps oder exotische Retreats.
Nimm dir jeden Tag fünf Minuten. Nicht zum Optimieren, sondern zum Loslassen. Du wirst staunen, wie viel Kraft in der Stille steckt.



